Jeff Kaplans kontroverse Ansprache über Quest Design

Jeff Kaplan, ehemaliger Game Director von World of Warcraft und nun mit der Entwicklung des neuen Blizzard MMOs beschäftigt, sprach auf der Game Developers Conference über das Quest Design von WoW, was funktioniert und vor allem, was nach seiner Meinung erstaunlich dumme Ideen sind:

  1. Der Christmas Tree Effekt
    Die Spieler lieben es, wenn sie in eine neue Region kommen und reihenweise neue Quests auf dem Radar erscheinen, wie an einem Weihnachtsbaum. Das Resultat ist aber, dass der Game Designer die Kontrolle verliert. Die Spieler hüpfen von Quest zu Quest, nehmen sich keine Zeit die Story zu erleben und vergessen, welche Quest sie wann, wo und warum erhalten haben.
  2. Too much text, didn’t read
    WoW Quests sind auf 511 Zeichen limitiert (und Kaplan scherzt darüber, dass die Programmierer unter den Zuschauern wissen werden, warum es keine 512 Zeichen sind). Einige Designer fragen nach der Möglichkeit für längere Texte aber Kaplan würde sie lieber noch kürzer sehen. Wer Spieler beobachtet, wird feststellen, dass die sofort weiter klicken und die Texte nicht lesen.
  3. MMORPGs sind keine Bücher
    In einem kurzen Rant über die Branche kam Kaplan zum Ergebnis, dass Game Designer keine Buch Autoren sind und sich ihren eigenen Weg suchen müssen, Spieler an den Geschichten teilhaben zu lassen. Oder, wie er es ausdrückte: „Basically, and I’m speaking to the Blizzard guys in the back: we need to stop writing a fucking book in our game, because nobody wants to read it.“
  4. Keine Rätsel
    Rätsel, Geheimnisse und Mördersuche sind schlecht. Keep it Simple. „We should never say something’s wrong in Elwin forest, go figure it out,“ he elaborated. „We can unveil a mystery story, but at the end of the day, in the quest log it needs to say, ‚Go kill this dude, go get me this item.‘ The mystery can’t be what to do.“
  5. Quests brauchen das richtige Timing
    Kaplan berichtet über eine Quest in WoW, die für Spieler von Level 30 bis Level 44 geht und mit einem Elite Monster Level 40 endet. Üblicherweise sind längere Quests eine gute Sache, in diesem Fall ist das Problem aber, dass die Spieler das Vertrauen ins Spiel verlieren, wenn sie mit dem Kopf gegen die Elite Monster Wand rennen bis sie den richtigen Level haben. Das Resultat ist, dass weniger Spieler sich auf längere Quests einlassen und lieber kürzere annehmen.
  6. Vorsicht bei Witz-Quests
    Am Beispiel einer Vehicle Quest demonstriert Kaplan, dass es keine gute Idee ist, zu witzig sein zu wollen und dabei das traditionelle Spiel-Modell zu verlassen: „You’ve played that shooter, that shooter that is fucking awesome… and then it’s got the one gimmick vehicle level, which you can tell they didn’t know what they were doing with vehicles, and it felt all floaty and things didn’t shoot right. The same mistake happened in World of Warcraft“. Viele solcher Quest stellen sich als mehr Spaß für die Designer heraus als für die Spieler.
  7. Abwechslung der Questarten
    Ähnlich dem Christmas Tree Effekt sollten Quests nicht in Scharen immer des gleichen Typs kommen. Kaplan bezieht sich auf eine Zone in WoW, in der neue Quests in Paketen freigeschalten wurden die mehrheitlich vom gleichen Typ sind. Er unterscheidet dabei Collection Quests (Sammel-Quests), Kill Quests (Kill 10 xyz) und Bread Crumb Quests (gehe nach x und berichte NPC y). Es ist wichtig eine Zone als Ganzes zu betrachten und die Questarten zu jedem Zeitpunkt gut zu mischen.
  8. Fehler in Sammelquests
    In Sammelquests (aber auch anderen) gibt es zwei generelle Fehler. Zum einen sollten sie nicht in Gebiete Führen, die eine zu hohe Monsterpopulation besitzen. Er gibt das Beispiel einer Raptoren Quest von WoW, in der der Spieler sich durch 3 anderen Monstertypen eines Gebiets wühlen muss, um an die Raptoren zu kommen. Das zweite Problem ist der Platz im Inventory. Eine Collection Quest sollte immer einbeziehen, wie groß das Inventory des Spielers zum aktuellen Zeitpunkt wahrscheinlich ist und nicht mehr Platz beanspruchen als der Spieler haben kann.
  9. Müllsammlung
    Als letzten Punkt führt er die Logik beim Sammeln von Items an: „What the eff, the guy down at the hill asked me to kill bandits and I didn’t need to bring anything back to him,“ mocked Kaplan. „So ‚A‘ I’m asking why I need to bring the paws back. But then I get into this philosophical thing where I say, ‚Shouldn’t the gnoll have a paw every time I kill him?‘ Or am I so brutally massacring the gnoll every time that..?“
    „And then I’m like, ‚Shouldn’t he have two paws?'“

Die Ansprache von Kaplan hat zu sehr kontroversen Diskussionen geführt. Das dürfte nicht weiter verwunderlich sein, scheinen doch alle seine Punkte zu sagen: je dümmer das MMO, desto besser. Wasser auf die Mühlen der WoW-ist-doof Kritiker. Tatsächlich sollte man sich aber zunächst fragen, welche Ausrichtung ein MMORPG haben sollte. Wenn man – und es gibt sicher andere – zu dem Schluß kommt, es soll sich schnell und spaßig spielen und ein großes Publikum ansprechen, kommt man nicht drumherum zuzugestehen, dass WoW 12 Mio Spieler hat und ein ziemlich guten Job darin gemacht hat, die breite Masse anzusprechen. Und in den vergangenen Jahren dürfte man bei Blizzard sehr gut gelernt haben, was dabei funktioniert und was nicht.

Auch sagt Kaplan nicht „Macht dumme MMOs“. Man kann sehr wohl neue Wege gehen und sich dennoch am gesagten orientieren. Dass etwa eine Quest einen kurzen Text haben soll ist schon lange eine bekannte Gesetzmässigkeit, die in dieser Form auch für gute Filme und selbst für gute Bücher gilt: „Erzähle die Handlung nicht, zeige sie!“.

Die Herausforderung für erfolgreiche MMORPGs von Morgen dürfte also weniger darin liegen, zu beweisen, dass Kaplan unrecht hat – sondern eher darin, Lehren von Blizzard zu akzeptieren und die Antworten zu finden, die auf dieser Linie bleiben und dennoch neu und spannend sind. Dass Spieler in ihrer Mehrheit etwa keine Quest-Texte lesen ist eine Realität die man ignorieren kann (und die Mehrheit der Spieler dabei verliert), oder die man akzeptiert und bessere Wege finden kann um die Spieler in die Handlung zu ziehen.

Quelle: Lead Blizzard Dev Outlines 9 WoW Quest Problems, Admits to Designing Stranglethorn Quest

5 thoughts on “Jeff Kaplans kontroverse Ansprache über Quest Design

  1. Bald weiß man nicht mehr, wen man mehr hassen soll:
    Dumme Spieler oder Entwickler, die alle ihre Kunden als dumm ansehen….

  2. Ich zerreisse den maul genau über diese dinge seit jahren.

    Obwol den „keine rätsel“ blödsinn kann er sich selbst behalten. Ansonsten hat er recht.

    Und zB kurze texte sind nicht deswegen erforderlich, weil die leute dumm sind, sondern weil sie einfach spielen wollen und nicht lesen.

    Wenn ich sowas von einem „grossen mann“ lese, bin ich stolz auf mich, denn anscheinend bin ich doch nicht so dumm, wie andere das glauben lassen wollen 😛

  3. Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen. Lange Questtexte sind einfach nur lame. Wir wollen zocken und nich lesen.

    Viel mehr sollten sich die Entwickler mal Gedanken über andere Questarten machen. Im Beitrag sind die 3 verschiedenen Questtypen schön dargestellt. Ich habe schon jede Menge MMORPG gespielt und immer wieder nur das gleiche erlebt. Jungs lasst euch doch mal was anderes einfallen. Irgendwann wird es dem noch so krassesten Freak auffallen dass es immer wieder nur das selbe ist und auch er wird irgendwann die Finger davon lassen.

  4. Ich les auch nie Questexte, wenn ich was lesen will, les ich ein Buch. Bei den meisten MMORPG kommt man durch Grinden eh schneller vorran als durch Questen und dazu brauch man nicht viel lesen 🙂

  5. ich denke heutzutage wird einem das questen eh zu sehr erleichter mit den ganzen tools und hilfen….
    nun werden ja sogar schon die ganzen lösungen direkt in den karten angezeigt… und das ganze auch bei
    free MMORPG ….

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